Mathematik online lernen im Mathe-Forum. Nachhilfe online
Startseite » Forum » Dirichlet-Funktion fast überall stetig?

Dirichlet-Funktion fast überall stetig?

Universität / Fachhochschule

Stetigkeit

Tags: Dirichletfunktion, Nullmengen, Stetigkeit

 
Antworten Neue Frage stellen Im Forum suchen
Neue Frage
Agios

Agios aktiv_icon

21:23 Uhr, 28.07.2008

Antworten
Hallo,
Kurzgefasste Frage:
Ist die Dirichlet-Funktion fast überall stetig?

Die Funktion ist definiert als:

f(x)=1, falls x € rationale Zahlen und
f(x)=0, falls x € irrationale Zahlen

Meine Überlegung ist: Die Menge der rationalen Zahlen ist eine abzählbare Menge, somit also eine Nullmenge. Demzufolge würde ich dazu tendieren, dass die Funktion f.ü. stetig ist. Das heisst doch, dass nach entfernen dieser Nullmenge gilt:

f(x)=0 für alle x € IR\N wobei N die Nullmenge, also die Menge der rationalen Zahlen ist.

Irgendwie vermute ich jedoch trotzdem, dass die funktion nicht f.ü. stetig ist.

Wäre froh über ein feedback.

Für alle, die mir helfen möchten (automatisch von OnlineMathe generiert):
"Ich bräuchte bitte einen kompletten Lösungsweg." (setzt voraus, dass der Fragesteller alle seine Lösungsversuche zur Frage hinzufügt und sich aktiv an der Problemlösung beteiligt.)
Hierzu passend bei OnlineMathe:
Stetigkeit (Mathematischer Grundbegriff)
Online-Nachhilfe in Mathematik
Antwort
axmath

axmath aktiv_icon

22:33 Uhr, 28.07.2008

Antworten

Die Dirichletfunktion ist in jedem Punkt x aus der Menge der reellen Zahlen unstetig.

Beweis: Sei x Element der reellen Zahlen; dann gibt es 2 Möglichkeiten:

1.Fall x ist eine irrationale Zahl, dann gibt es in jeder Umgebung dieses x eine rationale Zahl,

da die Menge der rationalen Zahlen dicht liegt in der Menge der reellen Zahlen; sei

ϵ = 0 , 5 > 0 ; der Betrag der Differenz dieser Funktionswerte von x und solch einer rationalen Zahl ist dann immer gleich 1 und damit größer gleich 0,5 (wird nie kleiner als epsilon=0,5); also liegt Unstetigkeit vor in diesem x.

2.Fall x ist eine rationale Zahl; vielleicht liegen die irrationalen Zahlen auch dicht in den

reellen Zahlen, dann könnte man wie oben argumentieren - ich weiß es leider nicht!

Agios

Agios aktiv_icon

20:16 Uhr, 29.07.2008

Antworten
jaja...das sehe ich schon ein.
aber ich entferne ja die rationalen Zahlen durch die Nullmenge.
Die Frage liegt im Detail: "fast überall"

fast überall bedeutet ja:
sei A eine Aussage über etwas, dann bedeutet "fast überall", dass es eine Nullmenge N gibt, sodass die Aussage A für alle x gilt ausser für die x € N.
Und die rationalen Zahlen sind eine Nullmenge.
Antwort
axmath

axmath aktiv_icon

20:24 Uhr, 29.07.2008

Antworten

Ist die Menge der irrationalen Zahlen auch eine Nullmenge?

Ist die Menge der reellen Zahlen etwa auch eine Nullmenge als Vereinigung zweier socher Mengen?

Agios

Agios aktiv_icon

20:33 Uhr, 29.07.2008

Antworten
neee. die reellen zahlen sind ja schon mal überabzählbar und definitiv keine Nullmenge.
aber genügt es für die fast überall stetigkeit dann nicht, wenn ich die rationalen Zahlen als Nullmenge entferne?
Antwort
anonymous

anonymous

20:34 Uhr, 29.07.2008

Antworten
unter "fast überall stetig" versteh ich bis auf endlich viele stellen stetig ..darunter fällt bei mir die dirichletfunktion auf keinen fall die ist unstetig ..und in keinem punkt stetig (die hüpft ja ständig hin und her..weshalb ich auch den beweis von axmath ziemlich plausibel finde)
Agios

Agios aktiv_icon

20:47 Uhr, 29.07.2008

Antworten
das war ursprünglich genau auch meine auffassung von fast überall stetig.
aber schau dir doch mal die definition in wikipedia an für fast überall.

http//de.wikipedia.org/wiki/Fast_%C3%BCberall#fast_.C3.BCberall

in wikipedia für masstheorie...aber in meinem skript über analysis eigentlich genau gleich beschrieben.

und dass die menge der rationalen zahlen eine Nullmenge ist, kann ja niemand bestreiten.
Antwort
reilly

reilly aktiv_icon

00:18 Uhr, 30.07.2008

Antworten
Hallo,

was cherryco beschreibt, nennt man i.A. "stückweise stetig". Agios hat recht, dass eine Eigenschaft fast überall gilt, wenn sie nur auf einer Menge nicht gilt, die das Maß Null hat. Was man unbedingt erwähnen sollte: die Eigenschaft, dass etwas fast überall gilt, hängt stark vom Maß ab. Das eine Maß mag einer bestimmten Menge den Wert 0 zuordnen, das andere Maß muss es deshalb noch lange nicht tun. Man betrachte einfach das Dirac-Maß in 0 auf den reellen Zahlen. Dieses ordnet der Menge {0} das Maß 1 und allen anderen Zahlen das Maß 0 zu. Da die 0 zu den rationalen Zahlen gehört, haben die rationalen Zahlen bzgl des Dirac-Maßes das Maß 1.
Wenn man also von fast überall spricht, muss man auch das Maß dazu nennen. In der Stochastik, in der man viel mit Maßen hantiert, sieht man daher auch oft die Notation P-f.ü., was bedeutet, dass etwas bzgl des Maßes P fast überall gilt.

Dass Maß, von dem Agios hier implizit ausgeht, ist das Lebesgue-Maß. Es ordnet einem Intervall als Maßzahl seine Länge zu. Da die rationalen Zahlen nur einzelne Punkte (anschaulich gesprochen) sind, und ein Punkt ein Intervall der Länge 0 ist, folgt daraus, dass die Menge aller rationalen Zahlen das Maß null hat. Denn für Maße gilt, dass Maß(A vereinigt B)= Maß(A) + Maß(B), sofern A und B disjunkt sind. Dies gilt nicht nur für die Vereinigung endlich vieler sondern sogar abzählbar vieler Mengen. Es folgt, dass das Maß der rationalen Zahlen einfach die Summe über die Maße der einzelnen dazugehörigen Punkte ist, die alle das Maß 0 haben.

Andererseits ist das Lebesguemaß von [0,1] gleich 1, weil das Intervall genau diese Länge hat. Weiterhin kann man das Intevall als disjunkte Vereinigung aller rationalen und irrationalen Punkt innerhalb des Intevalls sehen. Da die rationalen Zahlen aber schon das Maß 0 haben, müssen die irrationalen Zahlen das Maß 1 haben. Das mag zuerst unlogisch erscheinen, weil sie genauso wenig ganze Intervalle bilden, sondern überall durch rationale Zahlen "getrennt" werden, aber der Unterschied ist einfach, dass es überabzählbar viele davon gibt. Das kann man sich kaum vorstellen, aber rechnen kann man damit prima .

Nun zur eigentlichen Frage. Eine Funktion heißt stetig, wenn sie in jedem ihrer Punkte stetig ist. Nun ist es aber so, dass die Dirichlet-Funktion in keinem Punkt stetig ist. Und daher spielt es auch keine Rolle, ob Du Dir nur die Punkte ansiehst, die nicht in einer Nullmenge liegen.
Das ist die Crux an der Sache: Du, Agios, hast zuerst die Nullmenge entfernt und hattest dann eine Funktion, die nur noch auf den irrationalen Zahlen lebte und dort überall 1 war. Dann konvergiert natürlich auch eine beliebige Folge von Funktionenwerten gegen 1 und man könnte von Stetigkeit sprechen. Nur ist die Frage, wie Du sie formulierst (und eigentlich würde ich gerne mal den Wortlaut kennen) anders gemeint. Man klassifiziert zuerst die Punkte, die stetig und unstetig sind, und schneidet dann die Nullmenge weg.

Grüße,
Reilly
Agios

Agios aktiv_icon

15:39 Uhr, 30.07.2008

Antworten
Hallo Reilly,

Ey cool. Jetzt hab ichs gepakt. du hast recht. ich muss zuerst alle unstatigkeits punkte betrachten. da die dirichlet-funktion in jedem punkt unstetig ist, spielt es keine rolle ob ich danach die nullmenge entferne.
so war mein überlegungsfehler also, dass ich zuerst die nullmenge weggedacht habe und dann erst die funktion betrachtet habe.
super danke viel mals.
das hat mir nun wirklich sehr viel geholfen.